Den Geist neu beleben, der Krise begegnen: Austausch bei Helsinki+50
Fünfzig Jahre nach der Unterzeichnung der Schlussakte von Helsinki stehen ihre zentralen Prinzipien – Souveränität, Menschenrechte und friedliche Zusammenarbeit – unter beispiellosem Druck.
Überschattet wurde das Jubiläum von dem bislang tödlichsten Angriff auf die ukrainische Hauptstadt seit Beginn der russischen Vollinvasion. Am 31. Juli feuerte Russland eine massive Salve von Drohnen und Raketen auf Kyjiw ab. Mindestens 31 Menschen wurden getötet, 159 weitere verletzt. Präsident Wolodymyr Selenskyj verwies in seiner Live-Videoansprache an die Teilnehmer:innen der Konferenz eindringlich auf diesen Angriff und betonte, wie sehr Russland weiterhin gegen die Grundprinzipien von Helsinki verstößt.
Dennoch bleiben diese Prinzipien unverzichtbar – für jede Vision eines gerechten und nachhaltigen Friedens.



Bei der Helsinki+50-Konferenz auf hoher Ebene am 31. Juli 2025, ausgerichtet vom aktuellen OSZE-Vorsitz Finnlands, setzte sich Austausch e. V. im Rahmen unserer Unterstützung der Civic Solidarity Platform (CSP) dafür ein, diese Werte wieder in den Mittelpunkt der internationalen Debatte zu rücken – nicht als nostalgische Erinnerung an die historische Konferenz vor 50 Jahren, sondern als dringenden Aufruf zum Handeln angesichts der heutigen Herausforderungen.
Als strategischer Partner des finnischen Außenministeriums hat Austausch die Konferenz mitgestaltet und eine starke, vielfältige zivilgesellschaftliche Beteiligung sichergestellt. In Kooperation mit der Civic Solidarity Platform, die Austausch 2010 mitbegründet hat, ermöglichten wir die Teilnahme von über 30 zivilgesellschaftlichen Change Makers und unabhängigen Expert:innen aus dem gesamten OSZE-Raum – darunter aus der Ukraine, Zentralasien, dem Südkaukasus, dem Westbalkan und der EU.
Gemeinsam trugen sie eine klare Botschaft nach Helsinki: Angesichts von Krieg, Repression und demokratischem Rückschritt sind die Prinzipien von Helsinki keine überholten Ideale – sondern bleiben hochaktuelle politische Werkzeuge.
„Die Prinzipien von Helsinki verlangen Klarheit, demokratische Stärke und moralische Überzeugung – damit wir autoritärer Aggression mit dem Selbstbewusstsein offener, widerstandsfähiger Gesellschaften begegnen, die fest auf dem Boden des Völkerrechts und der Menschenwürde stehen.“ – Jacob Riemer, Zweiter Geschäftsführer, Austausch e. V.
Ein zentrales Ergebnis mit großer Resonanz war die Side-Event-Veranstaltung „Zivilgesellschaftliche Vision für die Zukunft des Helsinki-Prozesses“, die Austausch gemeinsam mit der Civic Solidarity Platform organisierte. Dort wurde das Manifest der Zivilgesellschaft vorgestellt – ein Dokument, das auf dem Helsinki+50 Reflection Prozess basiert und die Vision der Zivilgesellschaft für Rechenschaftspflicht, inklusive Friedensförderung und demokratische Resilienz im OSZE-Raum formuliert.
„Freiheit zu schützen und Sicherheit zu wahren ist nicht nur Aufgabe von Menschenrechtsanwält:innen, Diplomat:innen oder Militärs – es ist die Verantwortung aller Menschen.
Als Russland die Vollinvasion startete, glaubten viele, wir könnten uns nicht wehren. Internationale Missionen zogen sich zurück – aber die einfachen Menschen blieben. Und diese gewöhnlichen Menschen taten Außergewöhnliches: Sie retteten andere, leisteten Hilfe und zeigten mehr Stärke als eine der größten Armeen der Welt. Dieser Moment zeigt: Freiheit hängt vom Mut gewöhnlicher Menschen ab. Und wir müssen ehrlich sein: Die friedlichen Jahrzehnte nach dem Fall der Berliner Mauer sind vorbei. Wir befinden uns heute in einem weltweiten Kampf um eine neue internationale Ordnung – und wir müssen diese Verantwortung mit offenen Augen und mutigem Herzen annehmen.“ – Oleksandra Matviichuk, Leiterin des Center for Civil Liberties, Friedensnobelpreisträgerin, in Helsinki, am 31. Juli 2025.



Jacob Riemer, stellvertretender Geschäftsführer von Austausch, moderiert die Nebenveranstaltung „Visionen der Zivilgesellschaft zur Zukunft des Helsinki-Prozesses: Empfehlungen des Helsinki+50-Reflexionsprojekts und das Zivilgesellschaftliche Manifest“, organisiert von der Civic Solidarity Platform.
Wir danken dem Außenministerium Finnlands für das entgegengebrachte Vertrauen und die enge Zusammenarbeit – sowie dem Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland für die langjährige Unterstützung unserer Arbeit mit der CSP.
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