Wie lehren wir Geschichte, wenn sich die Welt verändert?
Abschlussveranstaltung von „Lost in Transition?“ und „Remembrance in Dialogue“
Austausch e.V. veranstaltete in Berlin die hybride Diskussion „Teaching History in Times of Change“, die Pädagog:innen, Forschende und Vertreter:innen der Zivilgesellschaft aus Armenien, Georgien, der Ukraine, Deutschland und Polen zusammenbrachte. Die Veranstaltung markierte den Abschluss zweier großer internationaler Initiativen: „Lost in Transition?“ und „Remembrance in Dialogue“. Beide Projekte befassen sich damit, wie Geschichte vermittelt wird, wenn sich politische Landschaften verschieben, Erinnerungen aufeinandertreffen und Gesellschaften vor neuen Herausforderungen durch Krieg, Transformation und Identität stehen.
Die Referent:innen teilten ihre Erfahrungen aus Klassenzimmern, Gedenkstätten und zivilgesellschaftlichen Organisationen und reflektierten darüber, wie mit umstrittenen Narrativen, Zensur, Trauma und generationellem Wandel umgegangen werden kann.
Das Projekt „Lost in Transition?“ untersucht marginalisierte Erfahrungen aus der postsowjetischen Transformation der 1990er Jahre und bietet eine differenziertere Perspektive auf ein prägendes Jahrzehnt, das die Region bis heute beeinflusst. Ein zentrales Ergebnis ist eine digitale Zeitzeug:innen-Datenbank mit Interviews, Kontextmaterialien und Unterrichtsmodulen für Lehrkräfte. Diese Ressourcen unterstützen Pädagog:innen dabei, Schüler:innen für die komplexen Hinterlassenschaften der Transformation zu sensibilisieren und Werkzeuge für die Arbeit mit Zeitzeug:innen im Unterricht bereitzustellen. Das Projekt wurde gemeinsam mit Partnern aus der Ukraine, Georgien, Armenien, Polen und Deutschland umgesetzt.
Diana Van Imschoot, Projektkoordinatorin, „Lost in Transition?“:
„Die Transformation der 1990er Jahre wird oft durch vereinfachte Narrative dargestellt – doch die gelebten Erfahrungen sind weitaus vielfältiger und zugleich sehr fragil. Durch die Dokumentation marginalisierter Stimmen und die Entwicklung zugänglicher Unterrichtsmaterialien möchten wir Lehrkräfte dabei unterstützen, Gespräche über Ungleichheit, Identität und sozialen Wandel zu eröffnen. Die Veranstaltung im Dezember war eine eindrückliche Erinnerung daran, wie eng diese Geschichten bis heute miteinander verbunden sind.“
Das im Jahr 2025 durchgeführte Projekt „Remembrance in Dialogue“ brachte Pädagog:innen aus Deutschland, Polen und der Ukraine zusammen, um zu untersuchen, wie Russlands umfassender Angriffskrieg gegen die Ukraine die Holocaust-Erinnerung und die Bildungsarbeit zu NS-Verbrechen beeinflusst. Durch Online-Trainings, eine Studienreise nach Iwano-Frankiwsk, Workshops und gemeinsames Schreiben entwickelte die Gruppe neue Methoden für die Geschichtsvermittlung in Zeiten von Konflikt und Unsicherheit. Das Projekt unterstützte die Teilnehmenden dabei, als Multiplikator:innen zu wirken und die Erinnerungsarbeit an ihren eigenen Schulen, in Museen und in ihren Gemeinden zu stärken.
Paul Stricker, Projektmanager, „Remembrance in Dialogue“:
„Dieses Projekt hat uns gezeigt, wie stark der Krieg in der Ukraine die historische Erinnerung in ganz Europa verändert. Lehrkräfte und Museumspädagog:innen stehen an vorderster Front, wenn es darum geht, Fakten, Empathie und demokratische Werte zu verteidigen. Kolleg:innen aus drei Ländern zusammenzubringen, ermöglichte es uns, nicht nur neue Methoden zu entwickeln, sondern auch ein gemeinsames Verantwortungsgefühl für die Geschichtsvermittlung in einer Zeit der Unsicherheit.“
Die Abschlussveranstaltung verdeutlichte, dass historische Bildung nicht isoliert existiert: Sie wird von aktuellen Realitäten, politischen Spannungen und den gelebten Erfahrungen von Lernenden und Lehrenden gleichermaßen geprägt. Durch die Zusammenführung der Ergebnisse beider Projekte hob die Diskussion die Bedeutung transnationaler Zusammenarbeit, digitaler Werkzeuge und inklusiver Lehrmethoden hervor.
Austausch e.V. wird weiterhin Pädagog:innen, zivilgesellschaftliche Akteur:innen und Kultureinrichtungen unterstützen, die sich für eine verantwortungsvolle und kritische Auseinandersetzung mit Geschichte einsetzen.
Das Projekt „Remembrance in Dialogue“ wird von Austausch e.V., Insha Osvita, Fundacja Zapomniane und der Urban Memory Foundation organisiert und von der Stiftung EVZ sowie dem Auswärtigen Amt im Rahmen des Programms YOUNG PEOPLE remember international gefördert. #JugendErinnert #YoungPeopleRememberInternational #EVZgefördert
Das Projekt „Lost in Transition?“ wird von Austausch e.V. mit Unterstützung des Auswärtigen Amts der Bundesrepublik Deutschland und der Stiftung EVZ sowie mit Kofinanzierung durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur umgesetzt.