Monitoring Belarus August 2022
Am 13. August wurde der Telegram-Kanal „Girl Power Belarus“, ein Medienprojekt über die Stärke der Frauen in Belarus, eingerichtet.
Sviatlana Tsikhanouskaya kündigte am 9. August während der Konferenz „Neues Belarus“ in Vilnius an, dass die dortige belarussische Opposition ein Übergangskabinett unter ihrer Leitung gründen werde. Nach ihren Worten war die Entscheidung das Ergebnis der Diskussionen der vorausgegangenen zwei Tage. Vier Männer wurden zu Vertretern des Kabinetts ernannt. Das Kabinett soll erweitert werden, und Sviatlana Tsikhanouskaya richtete sich an die Konferenzteilnehmer:innen mit einer Einladung an die Belaruss:innen, dem Kabinett beizutreten.
Die Journalistin Maria Grits entwarf eine Fahne mit den Namen von Frauen, die aus politischen Gründen verfolgt werden. Sie gestaltete die Fahne anlässlich des zweijährigen Jubiläums der ersten Frauenprotestaktion gegen staatliche Willkürgewalt.
Die von Belarussinnen ins Leben gerufene Initiative Support UA Women unterstützte erneut die Opfer von sexualisierter Kriegsgewalt. Das von der Initiative gesammelte Geld (16.312 Euro) wurde für den Kauf von Medikamenten verwendet.
Ina Shyrokaya, eine Mutter von fünf Kindern aus Hrodna, wurde wegen ihrer Teilnahme an Protesten zu drei Jahren Hausarrest verurteilt. Im Moment sind Inna und ihre Kinder in einem anderen Land in Sicherheit.
Iryna Slaunikava, eine Journalistin des polnischen Fernsehsenders TVP, wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt. Der Journalistin wurde vorgeworfen, eine „extremistische Formation gegründet“ und „Aktionen organisiert und vorbereitet zu haben, die die öffentliche Ordnung grob verletzen“.
Die Sängerin Meriem Herasimenka sang bei einer Veranstaltung in einer Bar in der Hauptstadt ein Lied der ukrainischen Gruppe Okean Elzy. Sie wurde daraufhin für insgesamt 30 Tage inhaftiert. Außerdem wird behauptet, dass sie Geld für den Kauf von Kampf- und Aufklärungsdrohnen vom Typ „Bayraktar” für die ukrainischen Streitkräfte überwiesen habe.
Galina Patayeva, Leiterin des Reisebüros Viapol, wurde in Belarus festgenommen.
Viktoryia Anukhleva-Zhurauleva wurde wegen „Verbreitung von extremistischem Material“ zu einer Geldstrafe von umgerechnet rd. 360 Euro verurteilt. Die Frau erzieht 13 Kinder, von denen 9 adoptiert sind. Im März wurde sie wegen eines Kommentars in einem Telegram-Chatroom zu drei Jahren Hausarrest verurteilt. Vor zwei Jahren wurde sie zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie einen Link zu einer „extremistischen Quelle“ in sozialen Netzwerken veröffentlicht hatte. In diesem Jahr wurde der Link von einem örtlichen Polizeibeamten entdeckt, der ihre Konten in sozialen Medien durchsucht hatte.
Die belarussischen Behörden nehmen immer häufiger ganze Familien in Gewahrsam. So wurden der 65-jährige Direktor des Designunternehmens TDTIproject, seine 66-jährige Ehefrau, die als Chefarchitektin der Organisation arbeitet, ihre 35-jährige Tochter und deren Ehemann (ebenfalls Chefarchitekten der Projekte) gleichzeitig festgenommen. Ihnen wird vorgeworfen, an den Protesten 2020 teilgenommen zu haben.
Aksana Kolb, Chefredakteurin der nichtstaatlichen Zeitung „Nowy Tschas“, hat Belarus verlassen.
Die politische Gefangene Volha Harbunova, ehemalige Leiterin eines Heims für Frauen und Kinder, die Opfer häuslicher Gewalt wurden, hat Belarus verlassen. Im Mai wurde sie wegen ihrer Teilnahme an den Protesten von 2020 zu drei Jahren Hausarrest verurteilt.
Es wird weiterhin Druck auf belarussische Frauen ausgeübt, die das Land verlassen haben, um einer unrechtmäßigen Verhaftung zu entgehen. Der Vater der Journalistin Alina Bolbas, die das Land 2020 verlassen hat und jetzt in Polen lebt, wurde in Belarus festgenommen.
Die belarussische Journalistin Yana Pinchuk ist von Russland an Belarus ausgeliefert worden. Ihr werden fünf Straftaten vorgeworfen, darunter der „Aufruf zur Machtergreifung“ und die „Bildung einer extremistischen Gruppierung“. Ihr drohen bis zu 19 Jahre Gefängnis.
Die Witebsker Journalistin Tatsiana Matsveyeva wurde zu acht Tagen Gefängnis verurteilt, weil sie im Frühjahr 2021 auf ihrer Facebook-Seite ohne Genehmigung des Bezirksexekutivkomitees ein Bild mit einer weiß-rot-weißen Flagge gepostet hatte.
In Belarus wurde die 74-jährige Natallia Taran wegen „Beleidigung und Verleumdung des Präsidenten von Belarus“ zu dreieinhalb Jahren Freiheitsentzug verurteilt.
Nadzeya Polkina wurde wegen „Terrorismus“ zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, Natallia Ked zu zwei Jahren eingeschränkter Freiheit.
Die politische Gefangene Alena Nestsiarovich wurde zu zweieinhalb Jahren Haft in der Strafkolonie verurteilt. Sie wurde im Rahmen eines Strafverfahrens inhaftiert, das wegen Kommentaren in sozialen Netzwerken zum Tod des KGB-Offiziers Dzmitry Fedasiuk und des IT-Experten Andrey Zeltser eingeleitet wurde.
Maryia Uspenskaya, die Witwe von Andrey Zeltser, wurde vom Untersuchungsgefängnis in der Wolodarsky-Straße in Minsk in das Republikanische Wissenschafts- und Praxiszentrum in Novinki verlegt. Am 28. September 2021 hatten Gesetzeshüter die Wohnung von Andrey Zeltser durchsucht. Der Wohnungsinhaber selbst und der KGB-Offizier Dzmitry Fedasiuk wurden bei dem Schusswechsel getötet. Maria Uspenskaya wurde beschuldigt, an dem Mord beteiligt gewesen zu sein.
Die Strafverfolgungsbehörden nahmen Sviatlana Herasimovich, die Mutter der belarussischen Sängerin Rita Dakota, wegen „Teilnahme an Massenunruhen, Cybermobbing und Unterstützung des ukrainischen Regimes“ fest.
Hanna Pyshnik aus Mozyr wurde wegen „Förderung extremistischer Aktivitäten“ zu drei Jahren Haft verurteilt. Der Staatsanwaltschaft zufolge hatte sie für ein unabhängiges (als „extremistisch“ eingestuftes) Medium ein Video fliegender Hubschrauber gedreht. Die Frau wurde als politische Gefangene eingestuft. Sie hat eine minderjährige Tochter.
Die politische Gefangene Alena Hnauk wurde kürzlich aus dem Untersuchungsgefängnis-6 in Baranavichy in die Kolonie Homel № 4 verlegt. Hnauk wurde im Fall des sog. „Roundhouse“ (Protestaktion am 13.09.2020) in Brest zu drei Jahren Freiheitsbeschränkung verurteilt. Schon beim Hausarrest wurde sie erneut festgenommen und wegen „Verleumdung des Präsidenten von Belarus“ und „Verunglimpfung von Belarus“ zu dreieinhalb Jahren in einer Strafkolonie verurteilt. Vor ihrer Verlegung verbrachte Alena Hnauk 80 Tage in Isolationshaft.
Im April dieses Jahres wurde Nina Bahinskaya zu einer Geldstrafe von 1.600 Rubel verurteilt, nachdem sie am Tag der Freiheit mit einer weiß-rot-weißen Fahne im Zentrum von Minsk demonstriert hatte. Bahinskaya weigerte sich, die Geldstrafe zu zahlen. Laut Gerichtsbeschluss ist es ihr nun untersagt, zu jagen, ein Auto zu fahren oder ein Motorboot zu steuern, und den Kommunikationsanbietern ist es untersagt, ihr Mobiltelefon-, Internet- und Fernsehdienste zur Verfügung zu stellen.
Die Keramikerin Natallia Karneyeva aus Minsk wurde am 19. August zusammen mit ihrem Mann festgenommen. Ihre zehnjährige Tochter Bahdana wurde in ein Waisenhaus gebracht.
Am 25. August wurde die Ehefrau von Anatol Latushka, Alena, festgenommen. Anatol Latushka ist ein politischer Gefangener und ein Cousin des Oppositionspolitikers Pavel Latushka. Er wurde im Januar 2022 inhaftiert.
Julia Yurhilevich, Rechtsanwältin mit 18 Jahren Erfahrung, wurde in Hrodna festgenommen. Ihre Wohnung wurde durchsucht, berichtet der Telegram–Kanal „Pahonia”. Yurhilevich verteidigte Ales Pushkin, Artsiom Bayarski und Ihar Bantser. Im Februar dieses Jahres wurde sie wegen „systematischer Verstöße gegen das Gesetz“ aus der regionalen Anwaltskammer Hrodna ausgeschlossen.
Die Rechtsanwältin Sviatlana Hryshkevich wurde für 12 Tage inhaftiert, berichtet „Nasha Niva”. Sie wurde wegen „ungebührlichen Verhaltens” angeklagt. Als Grund wurde angegeben, dass sie im Rahmen einer Exkursion aus „rein einseitigen Überzeugungen beruhende historische Parallelen gezogen habe.
Alena Malkevich wurde wegen ihrer Teilnahme an den Protesten 2020 festgenommen. Um sie festzunehmen, führten die Sicherheitskräfte eine spezielle Operation durch – mehrere von ihnen stiegen vom Dach herab und drangen durch die Fenster in die Wohnung ein, einige durchbrachen die Tür.
Aliaksandra Dolgaya wurde festgenommen, weil sie auf Tik-Tok ein Video zur Unterstützung der Ukraine und gegen die russischen Truppen veröffentlicht hatte. Die Frau hat ein Kind mit einer Behinderung.