Monitoring Belarus Juli 2022

Die Ergebnisse der Untersuchung „Belarussische Frauen in der Emigration” von Volha Kavalskaya wurden im Juli veröffentlicht (Link: https://oeec.ngo/opinions/research/emigration/).  

Bei den Vereinten Nationen versuchte Iryna Vialichka, Vertreterin des belarussischen Innenministeriums, zu erklären, wie es gut in Belarus hinsichtlich der Ziele einer nachhaltigen Entwicklung stehe. Daraufhin legten die demokratischen Kräfte von Belarus der UNO eine Gegendarstellung vor. Die Vertreterin des Büros von Swjatlana Tsikhanouskaya, Anastasiya Kostyugova, sprach über Menschenrechtsverletzungen, Unterdrückung und politische Gefangene.  

Natallia Kachanava, Vorsitzende des Rates der Republik der Nationalversammlung von Belarus, sagte auf der Sitzung der belarussischen Frauenunion, dass Frauen in Belarus laut Untersuchungen „in dem besten Land leben, in dem sich Frauen geschützt fühlen”.  

Im Juli wurden 195 Frauen in Belarus offiziell als politische Gefangene anerkannt. In Wirklichkeit sind weitaus mehr Frauen aus politischen Gründen inhaftiert.  

Die Journalistin Yauheniya Dougaya hat zusammen mit der Künstlerin Hanna Tatur das Projekt „Politvyazynka” mit Porträts und Geschichten belarussischer politischer Gefangener geschaffen.   

Am 19. Juni wurde in der Berliner Akademie der Künste die erste Anthologie mit Gedichten belarussischer Frauen vorgestellt. Sie enthält Werke von 63 Dichterinnen. Das Buch wurde unter der Schirmherrschaft der von der belarussischen Nobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch gegründeten Verlagsinitiative „Pflaŭmbaŭm“ veröffentlicht.  

Nasta Dashkevich, stellvertretende Vorsitzende der Jugendorganisation Malady Front wurde wegen ihrer Teilnahme an der Demonstration vom 23. August 2020 zu einem Jahr Hausarrest verurteilt. Ihr Ehemann, Zmitser Dashkevich, wurde zu eineinhalb Jahren Haft in einer Strafkolonie verurteilt. Die Familie hat vier minderjährige Kinder, das jüngste wurde am 15. Juni geboren. 

Danuta Piarednya wurde zu sechseinhalb Jahren Gefängnis verurteilt und auf die Liste der „Terroristen“ gesetzt, weil sie einen kritischen Text auf Telegram gepostet hatte. Danuta ist eine 20-jährige Studentin mit einem ausgezeichneten Abschluss.  

Ebenfalls im Juli wurde die 28-jährige Maryna Sankevich auf die KGB-Liste der „an terroristischen Aktivitäten beteiligten Organisationen und Personen“ gesetzt.  

Sviatlana Trapkova wurde zu zwei Jahren Hausarrest verurteilt, weil sie in einem Kommentar unter einem Foto von zwei Polizisten in einem sozialen Netzwerk das Wort „Abschaum“ geschrieben hatte.  

Die Ukraine wollte die Dokumente der belarussischen Freiwilligen Karyna Patsiomkina zur Verlängerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung nicht akzeptieren, nachdem sie einen Stempel angebracht hatte, der Patsiomkina dazu verpflichtete, das Land innerhalb von 15 Tagen zu verlassen. Dank öffentlicher Unterstützung wurde die Entscheidung, sie des Landes zu verweisen, schließlich annulliert. Patsiomkina erhielt eine befristete Aufenthaltsgenehmigung für die Ukraine.  

Doch leider enden nicht alle Geschichten mit Belaruss:innen in der Ukraine positiv. Ina Zaitsava – seit den belarussischen Protesten als „BCB-Braut” bekannt („WRW-Braut“ für „Weiß-Rot-Weiß-Braut“, d.h. eine Frau, die sich bei den öffentlichen Protesten in Belarus in den Farben der oppositionellen Nationalflagge gekleidet hat) – war nach den Wahlen 2020 gezwungen, Belarus mit ihrer Familie zu verlassen. Sie zogen in die Ukraine und kauften ein Haus in einem Dorf. Nach Ausbruch des Krieges blieben sie dort. Allerdings wurde ihnen keine befristete Aufenthaltsgenehmigung erteilt, und die Familie war erneut gezwungen auszuwandern.  

Kseniya Lutskina ist Journalistin beim staatlichen Fernsehsender BT und trat nach den Wahlen 2020 zurück. Sie wurde im Dezember 2020 festgenommen, und ihr Fall wurde fast zwei Jahre später vor Gericht gebracht. Ihr drohen zwischen acht und 12 Jahren Gefängnis. Sie wird der „Verschwörung zur Machtergreifung“ beschuldigt.  

Julia Zhariankova, eine Ärztin des Republikanischen Wissenschafts- und Praxiszentrums für Kinderonkologie und Hämatologie, wurde vom KGB verhaftet. Sie ist Mitglied der unabhängigen Organisation „Panatseya”, die 2021 von belarussischen Mediziner:innen gegründet wurde. Nach dem Verhör wurde sie freigelassen.  

Die Journalistin Katsiaryna Andreyeva wurde zu weiteren acht Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt. Sie wurde des Hochverrats beschuldigt. Sie war zuvor zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden, weil sie eine Straßenkundgebung per Live-Stream dokumentiert hatte. Sie sollte am 5. September 2022 freigelassen werden.  

Am 18. Juli wurde Alena Talkachova, die am 18. Mai 2021 zusammen mit anderen Angeklagten und Beschuldigten im „Fall TUT.BY“ (tut.by: unabhängiges Medium) inhaftiert wurde, aus der Untersuchungshaft entlassen. Liudmila Chekina, Generaldirektorin von TUTBY Media, und Maryna Zolatava, Chefredakteurin des Portals, bleiben hinter Gittern.  

Related news

Proteste für ein demokratisches Belarus – getragen von beeindruckenden Frauen
März 8, 2024
Die Proteste gegen das Regime in Belarus werden ganz maßgeblich auch von Frauen getragen. Mit unserem Projekt ‚FemMoz – Empowerment für Frauen in uns aus Belarus‘ stärken wir diese Frauen. Fünfzehn dieser beeindruckenden Frauen haben wir gebeten, uns ihre Geschichten vor der Kamera zu erzählen.
Interview mit Tatsiana Hatsura-Yavorskaya
März 7, 2024
Als der Krieg in der Ukraine im Februar 2022 begann, verließ Tatsiana Hatsura-Yavorskaya Belarus, um ihrer Familie in Kyiv beizustehen. Während sie dort lebt, hilft sie, einen Dialog zwischen der belarusischen Diaspora und den Ukrainer:innen aufzubauen, was aufgrund der Unterstützung Lukashenkas bei Russlands Krieg von großer Bedeutung ist. Hier teilt Tatsiana ihre Geschichte.
Interview mit Iryna Kashtalian
März 7, 2024
Da Lukashenka die wahre Geschichte von Belarus seit Jahrzehnten „umgeschrieben“ hat, und die Schrecken der sowjetischen Repressionen „verboten“ sind, wurde es 2020 für Historiker:innen fast unmöglich, ihre Arbeit im Land fortzusetzen. In ihrem Interview für FemMoz teilt Iryna Kashtalian die Herausforderungen des Lebens im Exil und die Schwierigkeiten belarusischer Historiker:innen bei der Ausübung ihres Berufs.